
(31.03.1899-13.11.1970)
Antonie „Toni“ von Horn Roothbert war eine der ersten professionellen Fotografen des 20. Jahrhunderts, daneben war sie soziale Aktivistin und Wohltäterin. Ihre Arbeit lebt jetzt hauptsächlich durch die Roothbert-Fund weiter, der von Albert Roothbert – ihrem Ehemann – und Toni während ihrer Lebenszeiten geschaffen und ausgestaltet wurde.
Familie und Vorfahren
Antonie von Horn wurde am 31. März 1899 in Mannheim geboren. Ihre Familie hatte Wurzeln in Braunschweig, wo für viele Generationen verschiedene Mitglieder der Familie Bürgermeister und Senatoren dieser Hansestadt waren. Nach dem Ende der Hanse und der Hornschen Handelshäuser, waren Vorfahren von Toni im Staatsdienst, als Angehörige des Militärs, wie beispielsweise Tonis Großvater, der ein Bataillonen befehligte, das an fast allen Frontkämpfen des Deutsch-Französischen Krieges von 1870-1871 beteiligt war.

Dieser gleiche Großvater hatte anscheinend keine eindeutige Präferenz für den Dienst im Militär. So lernte sein ältester Sohn (Tonis-Vater) lieber Kaufmann in einem Tabakgeschäft. Leider ohne bleibenden Erfolg: Das Geschäft bestand zu einem wesentlichen Teil aus Handel mit den Niederlanden und anderen Ländern, wie den Vereinigten Staaten, und es kamen die schweren Zeiten während des ersten Weltkriegs. Anlagen in Holland wurden wegen der Verbindung nach Deutschland enteignet und die deutsche Seite des Geschäfts litt unter dem Vorwurf, Verbindungen in die Niederlande zu haben.
Tonis Vater starb 1916, als Toni 17 Jahre alt war und das Familienunternehmen wurde verkauft. Toni und ihre Mutter zogen nach Hamburg, um bei Tonis inzwischen verheirateten Schwester und ihrer Familie zu bleiben. Toni begann, Fotografie an der Kunstgewerbeschule in Hamburg zu studieren.
Karriere: Gesellschafts- und Modefotograf
Toni von Horn graduierte in den frühen 1920er Jahren und gegründete ein Studio in Heidelberg, in der Nähe von dem Ort, an dem sie aufgewachsen war. Dort erregte ihre Arbeit die Aufmerksamkeit von Otto Kahn, einem Industriellen, der sie in die Vereinigten Staaten einlud, Fotografien seines Anwesens zu machen. In New York traf sie Frank Crowninshield, der Herausgeber von Vanity Fair (und einer der Gründer des Museums der moderner Kunst) der ihre Fotos begutachtete und empfahl, sie solle in den Vereinigten Staaten bleibt, um dort ihre Karriere weiter zu verfolgen.
Während des 14jährigen Zeitraums von 1923 – als sie in die Vereinigten Staaten kam – bis 1937, als sie sich aus der professionellen Fotografie zurückzog, war Toni von Horn eine der aktivsten und bekanntesten Gesellschaft- und Modefotografen in New York.
Ihre regelmäßige redaktionelle Arbeit in Vogue, Vanity Fair, Harper’s-Bazaar, ihre regelmäßigen Arbeiten für die begehrtesten Werbekunden, wie Bergdorf Goodman, und die Porträtfotografie, etablierten sie als eine der prominentesten professionellen Fotografen in dieser Zeit, die von vielen als die dynamischste und drastischste für die Fotografie angesehen wird. Tatsächlich war sie eine der ersten Frauen, die in diesem Feld auf dem Niveau eines Edward Steichen, Adolf de Meyer und George Hoyningen-Heune arbeitete, und die einzige, die auf Augenhöhe und in direkter Konkurrenz zu ihnen tätig war.
Toni schloss sich im Herbst 1930 formal Conde Nast Publikations (zu denen Vogue und Vanity Fair gehören) an, wo sie die erste Frau im Conde Nast Kreis der berühmtesten Fotografen dieser Zeit, einschließlich Steichen und Hoyningen-Heune, war. Ihre Möglichkeiten, Zugang zu gesellschaftlichen Schichten und exklusive Kreisen zu erlangen, wurden sicherlich nicht durch die Tatsache geschmälert, dass sie eine „Baroness von Horn“ war. In der Tat scheint ein Titel viele Gesellschaft- und Modefotografen in der Zeit zwischen den Kriegen unterstützt zu haben, einschließlich de Meyer und Hoyningen-Heune, obgleich sie, wie es schein, dies nicht bewusst ausgenutzt haben.
Während ihrer Karriere produzierte Toni Fotos für Vogue 1930 und 1931, für Vanity Fair von 1930 bis April 1932, für Harper’s von Februar 1932 bis Januar 1935 und dann wieder einige Bilder für Vanity Fair, von Juli 1934 an. Zusätzlich zu ihren Modefotos umfassen ihre Bilder für Conde Nast Portraits von Paulette Goddard (bevor sie Charlie Chaplin heiratete), von Ginger Rogers (vor Fred Astaire), von Joan Bennett, von Claudette Colbert, von Clive Bach, von Gloria Swanson, von Robert Montgomery und von Cole Porter und vielen anderen. Ihre Arbeit beinhaltete auch Bilder weiterer angesehener Personen, wie das berühmte Portrait von Albert Einstein, gemacht 1932, kurz nachdem er in die Vereinigten Staaten übersiedelte.
Toni‘ s möglicherweise beste Arbeit war die für Harper’s und enthielt Bilder von Marlene Dietrich, Eleanor Roosevelt und zahlreiche Bilder der gesellschaftlichen Größen, mit Familiennamen wie Astor, Vanderbilt und Biddle oder beispielweise Prinzessinnen aus Europa. Ihr wichtigsten Klienten waren Bergdorf Goodman (ihre Fotos für den Pelz-Salon waren ein regelmäßiger und herausragender Beitrag für einige Jahre) und die anderen Kaufhäuser wie Henri Bendel, Saks Fifth Avenue, Bonwit Teller und I Magnin. Sie machte auch Werbe- und Promotionsaufträge für Chanel, Camay und Lux-Seifen, Ipana, Kodak und Lucky Strike.
Früh in 1932 wechselte Toni zu Harper’s-Bazaar und wurde als der Haupt-New-York Photograph, der Kontrapunkt zum Baron Adolph de Meyer, der in Paris angesiedelt war. Einige Monate nach Toni wechselte auch Carmel Snow von Conde Nast, wo sie Herausgeber von American Vogue gewesen war, zu Harper’s-Bazaar. Carmel Snow hatte die Vollmacht Harper’s gänzlich zu verjüngen und sie setzte der Zeitschrift durch eine allgemeine Umgestaltung ihren Stempel auf. Dieses war der Beginn einer Zeit als Harper’s „eine der inbrünstig bewunderten Zeitschriften in Amerika wurde. Seine Berichterstattung über Mode, von Künsten und der zeitgenössischen Szene war durchweg lebhafter und fantasiereicher als Vogues; sein grafischer Entwurf und Layout war eleganter und sein Renommee die besten Fotografen zu haben und ihnen verhältnismäßig viel Spielraum zu lassen brachte die konkurrierenden Publikationen häufig in Verlegenheit“ (Kazanjian, Dodie and Tomkins, Calvin, Alex: The Life of Alexander Liberman, 1993: Knopf and Co., NY, p. 114).
Toni von Horns Entscheidung, die Photographie in 1937 aufzugeben, muss komplexe Gründe gehabt haben und wir können über diese, die Auslöser und die Gefühle nur spekulieren. Zweifellos brachte ihre Heirat mit Albert Roothbert, mit 63 Jahren beträchtlich älter als sie, neue Erfahrungen, Horizonte und einen neuen Teil an Erwartungen.

Aber warum ist Toni in der Geschichte der Fotografie so unbekannt? Warum wird sie nur wenig (wenn auch schmeichelhaft) in den zwei erschienenen Publikationen über die Geschichte der Modefotografie und der Frauenfotografen erwähnt? Viele Faktoren kommen zusammen: als sie das Feld verließ, machte sie nie wieder ein Foto und nur sehr wenige ihrer Bilder aus ihren aktivsten Jahren haben überlebt. In vielerlei Hinsicht hatte sie gemischte Gefühle bei ihrer Arbeit. Als Fotographie anfing, als Mittel der Kunst Ende der 1960er Jahre ernst genommen zu werden, war sie sicherlich die Letzte, die sich um Eigenwerbung kümmerte. Ihre Platten und Negative lagen in einem feuchten Lager in einem Außengebäude ihrer Topstone-Farm und wurden, nachdem sie verstorben war, vermutlich ohne einen Gedanken weggeworfen. Als die ersten ernstzunehmenden Bücher über Fotographie während dieser Zeit verfasst wurden, waren die einfachsten Aufzeichnungen auf die zurückgegriffen werden konnte die bei Conde Nast. Tonis orginärste und modernste Arbeit war jedoch die bei Harpers gewesen. Außerdem unterzeichnete Toni ihre Arbeit als „Tony von Horn“ oder „von Horn“ und die meisten Forscher schlossen aus ihrer Arbeit nicht auf die einer Frau, so präsent in dem „Männergeschäft“ dieser Tage.
Verbindung zu Albert Roothbert
Unnötig zu sagen, dass es andere Seiten an Toni neben ihrer Fotographie gab. Tonis Interessen in „biodynamischer“ Landwirtschaft (d.h. was wir heute „ökologisch“ nennen), Käufe von Bauernhöfen und verschiedener Immobilien, Kontakte zu Albert Schweitzer und makrobiotische Diäten, alles hing zusammen. In ihrer Zeit als Fotograf, hatte Toni einen Landsitz in Thomaston in Nordconnecticut, genannt Moosehorn Farm, gekauft. Nachdem sie Albert heiratete, verkaufte sie ihn anscheinend, verbrachte aber danach durchaus einige Zeit damit, Immobilien und Bauernhöfe zu suchen, die in ökologische Landwirtschaften umgewandelt werden könnten. Ihre Suche führte sie nach Copake im Hinterland von New York, und zur Gründung des Camphill Dorfs, einer ganz außergewöhnlichen Gemeinschaft für geistig behinderte Kinder und jungen Erwachsenen, das erste seiner Art in den Vereinigten Staaten.
Toni kaufte ein 216 Morgen Anwesen genannt Sunny Valley in Copake mit der Absicht, es nach ökologischen Prinzipien zu bewirtschaften. Ihre Suche nach einem Verwalter führte sie zu den ehemaligen Inhabern, die vorher eine Schule für geistig Behinderte auf der Farm eingerichtet hatten. So stand sie, seit dem nach Pennsylvania umgezogen waren, in Kontakt mit Dr. Konig, dem Gründer der Camphill Bewegung, um über die Förderung einer seiner Gemeinschaften in den Vereinigten Staaten zu sprechen. Toni überließ Sunny Valley Camphill, und in den frühen 60er-Jahren kamen Carlo Pietzner und seine Frau, zusammen mit Hartmut von Jeetze, als erste Farmer in den Ort. In den folgenden Jahren half Toni auch, Albert Schweitzers Unterstützung für Camphill zu sichern und beim Kauf eines Bauernhofes angrenzend an Sunny Valley, der die Größe der Gemeinschaft verdoppelte.
Letzte Jahre: Einrichtung des Roothbert Funds
Der Grunstock des Roothbert Funds wurde 1959 gebildet. Mehr als 30 Zuwendungen wurden erteilt, bevor Albert im Oktober 1965 verstarb. Während Toni offenbar eine wichtige Rolle beim ursprünglichen Konzept und in der Entwicklung der Funds hatte und ein Mitglied des Verwaltungsrates war, versuchte sie nicht, eine zentrale Rolle zu spielen. Wenn man die Beweggründe und die Gesamtzielsetzungen des Funds betrachtet, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass Toni und Albert keine Kinder hatten. Sie hatten spät geheiratet und beabsichtigten zweifellos nie, irgendwelche zu haben. Sie war in ihrem Berufsleben sehr erfolgreich gewesen und, obwohl sie bescheiden lebten, lebten sie auch ein Leben des relativen ökonomischen Komforts. Aber sie hatten das Verlangen, etwas zu schaffen, das dem „wichtigsten Rohstoff der Nation, den geistigen Ressourcen“ nützen sollte. Auf eine Weise war der Roothbert Funds Tonis und Alberts Vermächtnis an die Welt.
Toni wurde sich ihrer Krankheit ungefähr ein Jahr bevor sie im Dezember 1970 starb, bewusst. Bei ihrem Tod überließ sie den Großteil ihres Besitzes dem Roothbert Fund, was seine Größe und Ausstattung verdoppelte. In ihrem Testament hatte sie den Wunsch, dass dieses Kapital eingesetzt werden sollte, um die Stipendien zu verstärken, passend für jemand, der so viel von seiner Zeit diesem Zweck gewidmet hatte.
Der Text basiert auf einem Artikel, den ihr Neffe Charles van Horne im Internet auf der Seite des Roothbert-Funds http://www.roothbertfund.org/founders2.php veröffentlich hat.
Auf der Seite http://www.vonhornphoto.com/ sind weitere Informationen zu finden.
